Vor drei Jahren, am 16. September 2020, war folgende Meldung kein Skandal, sondern eine ganz normale Nachricht: «Wegen zweier weiterer Coronavirus-Infektionen wird eine Gesamtschule in Rostock vorübergehend geschlossen.» So berichtete der NDR damals. Am Vorabend gab die Stadt Hamburg bekannt, dass Prostitution unter Einhaltung der Maskenpflicht in Bordellen wieder erlaubt, aber «in jeglicher Art von Fahrzeugen» weiter verboten sei.
Vor drei Jahren war Karl Lauterbach noch Talkshow-Minister, heute ist er wirklich Gesundheitsminister. Immer, wenn ich Karl Lauterbach an einem Mikrofon sehe, erinnert mich das immer daran, wie sehr wir mit Corona-Warnungen beschallt wurden. Und was das in den Menschen in diesem Land für eine Angst ausgelöst hat.
Heute will kaum einer mehr darüber sprechen, was der Staat sich während der Corona-Zeit angemasst hat. Ich meine nicht die ersten Monate der Pandemie, in denen Politik auf Sicht gemacht wurde. Ich meine die immer härteren Lockdowns, die Besuchs-Verbote, die Eingriffe in unsere Grundrechte. Von Spazier- und Parkbank-Verboten bis hin zu Verwandten, die einsam im Altenheim gestorben sind.
Die Würde des Menschen – ich glaube, sie wurde in dieser Zeit angetastet.
Eine Aufarbeitung der Corona-Politik hat nie wirklich stattgefunden. Vielleicht, weil die Verantwortlichen nicht mehr an der Macht sind. Vielleicht, weil zu viele, die damals mitgewirkt haben, ihren Furor erkannt haben – aber Selbstkritik eine seltene Gabe in der Politik ist. Vielleicht, weil es immer schwer ist, das eigene Handeln als falsch zu bewerten, wenn es vorher in der Selbstwahrnehmung als ultimativ richtig galt. Nennen wir es einfach: Corona-Demenz.
Gestern gab es in Berlin eine Veranstaltung der Denkfabrik R21 mit dem Titel: «Deutschland zwischen Covid und Klima – Grundrechte unter Vorbehalt?» Auf dem Podium wurde diskutiert, inwiefern uns beim Thema Klimaschutz ein ähnliches Szenario wie bei der Pandemie droht.
Der Philosoph und Ex-Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin sagte folgenden Satz, den wir uns alle merken sollten: «Es war gewünscht, dass die Menschen Angst hatten.» Wenn Menschen Angst haben, machen sie alles mit. Sie halten Regeln ein, von denen sie wissen, dass sie Unsinn sind. Sie sind bereit, nichts mehr zu hinterfragen. Abweichen wird mit gesellschaftlichem Ausschluss geahndet.
Wir erleben diese Form der Angstmache gerade jeden Tag: Klima-Aktivisten und manch ein Politiker erheben das Thema zum ultimativen Ziel all unserer Handlungen. Das verbindende Element unserer Gesellschaft sollte niemals Angst vor der Zukunft sein. Sondern die Überzeugung, dass sich mit Mut die bessere Politik machen lässt.
(via NIUS Newsletter)