Die neue Schweizer Tugend: Volksentscheide ignorieren. Vertrauen verspielt – und jetzt wollen sie unsere Identität. Die e-ID – diese kleine Plastikkarte mit Chip, die angeblich alles einfacher, sicherer und bequemer machen soll – ist in Wahrheit ein trojanisches Pferd. Theoretisch ein Ausweis, praktisch ein Türöffner für Missbrauch. Offiziell nennt man die Abstimmung vom 28. September eine Sachfrage, de facto ist es eine simple Vertrauensabstimmung: Kann man den Regierungen noch trauen? Ein Blick in die jüngere Vergangenheit liefert die Antwort – und sie ist hässlich.
Demokratie, aber bitte nur zum Schein
2004 wollte das Stimmvolk lebenslange Verwahrung für «extrem gefährliche» Straftäter. Mehrheit Ja. Umsetzung? Ein juristisches Schulterzucken. Die Richter prüfen weiterhin brav jeden Einzelfall, weil die EMRK im Weg steht. Sprich: Volksentscheid? Nett gemeint, aber irrelevant.
2010: Ausschaffungsinitiative. Wieder Ja. Wieder die Hoffnung: Straffällige Ausländer raus, ohne Wenn und Aber. Umsetzung? Eine «Härtefallklausel». Im Klartext: Das Volk wollte eine Tür zuschlagen, die Politik baute ein Drehkreuz. Ergebnis: irrelevant.
2014: Masseneinwanderungsinitiative. Wieder Ja, knapp. Forderung: Höchstzahlen, Kontingente, Neuverhandlung mit der EU. Umsetzung? «Inländervorrang light». Stellenmeldepflicht statt Kontingente. Kurz: irrelevant.
Drei Beispiele, dreimal wurde der Volkswille entsorgt wie feuchtes Altpapier. Und jetzt soll man glauben, ausgerechnet bei der E-ID sei alles anders?
Freiwilligkeit – die Lieblingslüge der Politik
Jean-Claude Juncker brachte es 2011 auf den Punkt: «Wenn es ernst wird, muss man lügen.» Und der Bund folgt brav dem Drehbuch. Man schwört hoch und heilig: Niemand wird zur E-ID gezwungen. Klingt gut, bis man genauer hinsieht: Private dürfen sehr wohl Zwang einführen. Konto eröffnen, Versicherung abschliessen, Theater besuchen? Tja, Pech, ohne E-ID läuft nix. Freiwillig wie eine Steuererklärung.
Und während man uns noch ein «Beruhigt euch, wir meinen’s nur gut» ins Ohr säuselt, arbeiten bereits 120 Bundesangestellte an der «Vertrauensinfrastruktur». Kostenpunkt bisher: 180 Millionen Franken. Vertrauen gibt’s eben nicht gratis, sondern aus der Staatskasse – bezahlt von denselben Bürgern, die man anschliessend mit Werbekampagnen belügt.
Die neue Schweizer Tugend: Vorauseilender Gehorsam
Noch bevor überhaupt abgestimmt ist, posiert Rolf Rauschenbach vom Bundesamt für Justiz stolz: Man habe schon «mehrere erfolgreiche Treffen» mit der EU geführt. Übersetzung: Das Ergebnis steht fest, bevor das Volk den Zettel in die Urne wirft. Eile, wo sonst Schneckentempo herrscht – ausgerechnet da, wo angeblich «die Bürger entscheiden». Entweder grenzenlose Arroganz oder das stille Eingeständnis, dass der Volksentscheid ohnehin ignoriert wird.
Von Brüssel nach Peking – mit Zwischenhalt in Bern
Dass die EU längst am Baukasten eines Social-Credit-Systems nach chinesischem Vorbild bastelt, ist kein Geheimnis. Jeder Schritt mit dem Label «Sicherheit», «Effizienz» oder «Digitalisierung» ist nur ein weiterer Pflasterstein auf dem Weg ins digitale Gefängnis. Wer glaubt, die Schweiz könne ihre E-ID unabhängig betreiben, glaubt wahrscheinlich auch noch an die Neutralität im Ukrainekrieg. Sobald Bern brav den Kolonialvertrag unterschreibt, bestimmt Brüssel, wie die E-ID genutzt wird – und wer sie nutzen darf.
Fortschrittsgegner? Oder Realisten?
Kritiker werden gern als Technikfeinde abgestempelt. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Viele von ihnen sind Pioniere der Digitalisierung. Technikfreak durch und durch. Aber auch Technikfreaks haben Augen im Kopf. Und wenn die Regierung und ihre subventionierten Medien über Jahrzehnte jedes Quäntchen Vertrauen verspielt haben, bleibt am Ende nur Skepsis. Ironie des Schicksals: Mit unseren Steuern finanzieren wir die PR-Maschinerie, die uns weichkochen soll.
Schritt für Schritt ins Nichts
Man muss Juncker fast dankbar sein für seine Ehrlichkeit. Bereits 1999 erklärte er im «Spiegel» die Standardstrategie der Politik: «Wir beschliessen etwas, stellen das dann in den Raum und warten. Wenn kein großes Geschrei kommt, machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.»
Und genau das passiert hier. Erst kommt die E-ID, harmlos verpackt wie ein Weihnachtsgeschenk. Dann folgen kleine Zusatzfunktionen, dann der Zwang, dann die totale Verknüpfung mit Geld, Bewegungen, Gesundheit, Meinungen. Bis es kein Zurück mehr gibt.
Fazit: Misstrauen ist Pflicht
Die Frage lautet nicht: «Brauchen wir eine digitale Identität?» Die Frage lautet: «Trauen wir einer Regierung, die seit Jahrzehnten den Volkswillen ignoriert, belügt und verkauft?» Die Antwort ist simpel. Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Wer dreimal lügt, dem sollte man auch keine digitale Fessel in die Hand geben.


«Dravens Tales from the Crypt» bezaubert seit über 15 Jahren mit einer geschmacklosen Mischung aus Humor, seriösem Journalismus – aus aktuellem Anlass und unausgewogener Berichterstattung der Presse Politik – und Zombies, garniert mit jeder Menge Kunst, Entertainment und Punkrock. Draven hat aus seinem Hobby eine beliebte Marke gemacht, welche sich nicht einordnen lässt.







