Das Polizeimassnahmengesetz versteckt sich unter dem Deckmantel des “Schutzes der Bevölkerung”, ist aber in Wahrheit ein brandgefährliches Gesetz, welches die Freiheit von uns allen gefährdet. Das Bundesgesetz «Polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus» opfert unsere Grundrechte und die Unschuldsvermutung für die Terrorbekämpfung, ohne dass es der Schweiz mehr Sicherheit bringt. Im Gegenteil: Die Gesetzesvorlage sorgt für Unsicherheit und Willkür. Es gefährdet die Menschenrechte, bedroht die Demokratie und liefert einen Steilpass für autoritäre Regime. Deshalb: Nein am 13. Juni!
Abschaffung der Unschuldsvermutung
Mit dem Polizeimassnahmengesetz müsste man neu weder einen Terrorakt vorbereiten noch ausführen, um als potentielle Terrorist zu gelten. Stattdessen reicht es aus, wenn die Polizei den Verdacht hat, man könnte in Zukunft verdächtig werden. Allein aufgrund von Vermutungen und Hypothesen können damit ungeheuer einschneidende Massnahmen angeordnet werden. Ohne jeden Beweis können verdächtige Personen bis zu neun Monate unter Hausarrest gestellt werden. Kontaktverbote, Eingrenzungen, Freiheitsentzug, Ausreiseverbote – alles ist möglich ohne vorangegangene Straftaten, ohne konkrete Vorbereitungshandlungen, nur aufgrund einer vagen Vermutung. Besonders brisant ist dabei, dass nur der Hausarrest von einem Gericht angeordnet werden muss. Alle anderen Massnahmen kann das Fedpol ohne richterliche Prüfung anordnen, nach eigenem Ermessen und mit sofortiger Wirkung. Bereits heute steht die Unterstützung und Finanzierung von terroristischen Organisationen genauso wie Vorbereitungshandlungen für Terroranschläge unter Strafe – und das ist auch gut so. Solche Handlungen können und sollen vor Gericht gebracht werden. Aber mit der Kategorie der Gefährder verlassen wir das rechtsstaatliche Parket. Wie soll jemand beweisen, dass er oder sie in Zukunft keine Straftat begehen will? Das ist unmöglich und öffnet Tür und Tor für Willkür.
Angriff auf die Kinderrechte
Die im Polizeigesetz vorgesehenen Zwangsmassnahmen – elektronische Überwachung, Kontaktverbot, Ein- und Ausgrenzungen, Ausreiseverbote und Hausarrest – haben schwere Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen und ihrer Familien. Grundlegende Menschenrechte wie die Bewegungs- und Versammlungsfreiheit sowie das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, auf Arbeit und Bildung werden massiv eingeschränkt. Und das alles nur aufgrund der vagen Vermutung, dass eine Person in Zukunft gefährlich werden könnte. Auch Kinderrechte werden durch diese Vorlage mit Füssen getreten. Sämtliche Massnahmen können bereits gegen Kinder im Alter von 12 Jahren eingesetzt werden – mit Ausnahme des Hausarrests, der erst ab 15 Jahren ausgesprochen werden kann. Das ist ein krasser Verstoss gegen das Recht von Kindern, Zugang zu einer ihrem Alter angepassten Justiz zu haben. Die Entwicklung, nicht die Bestrafung von Jugendlichen und Kindern, muss im Zentrum unserer Justiz stehen.
Gefährdung der Demokratie
Das Polizeimassnahmengesetz-Gesetz verlangt weder die Anwendung oder die Androhung von Gewalt, damit eine Handlung als Terrorismus gilt – ja, noch nicht einmal eine Straftat ist Voraussetzung für eine «terroristische Aktivität». Stattdessen gilt bereits die «Verbreitung von Furcht und Schrecken» mit politischen Absichten als «terroristische Aktivität». Diese Definition geht weit über die bestehenden Definitionen im Nachrichtendienstgesetz und Strafgesetzbuch hinaus. Diese verknüpfen Terrorismus nämlich zwingend mit der Anwendung von Gewalt. Mit dieser absolut schwammigen Definition kann grundsätzlich jede politische Tätigkeit als Terrorismus gelten, wenn es der Staat will.
Hier öffnen sich Tür und Tor für die Kriminalisierung von politischen Bewegungen. Die Klimaaktivistin, die vor der Zerstörung der Ökosysteme warnt, der Antifaschist, der sich gegen rechte Gewalt einsetzt, die Netzaktivistin, die sich gegen den umfassenden Datenkapitalismus einsetzt oder der Antikapitalist, der vor den Folgen sozialer Ungleichheit warnt: Sie alle verbreiten «Furcht und Schrecken», auf die eine oder andere Art – und sie alle könnten damit zukünftig als Terrorist gelten. Dass Anti-Terrormassnahmen gerne mal genutzt werden, um kritische Aktivisten ruhigzustellen, zeigt auch ein Blick in unsere Nachbarländer. Die französische Regierung etwa nutzte die Notstandsgesetze, die nach den Terroranschlägen von Paris erlassen wurden, um Klimaaktivisten in Hausarrest zu nehmen – damit sie nicht während des Weltklimagipfels demonstrieren.
Steilpass für Autoritäre Regime
Autoritäre Regime wie China, Saudi-Arabien oder die Ägypten sind in den letzten Jahren dazu übergegangen, Anti-Terror-Gesetze zu nutzen, um kritische Journalisten oder Menschenrechtsaktivisten wegzusperren. In Saudi Arabien wurden Anti-Terror-Gesetze dazu benutzt, Frauen einzusperren, die sich für das Recht eingesetzt haben, Auto fahren zu dürfen. Ägypten verurteilte den Menschenrechtsanwalt Bahey el-Din als angeblichen Terroristen zu 15 Jahren Haft, weil er die Regierung kritisiert hatte. Und China rechtfertigt den kulturellen Genozid an den Uiguren mit angeblichen Anti-Terror-Massnahmen.
Das funktioniert, weil der Begriff des Terrorismus nicht mehr an schwere Gewalttaten gekoppelt ist und fast alles bedeuten kann. Auch das Anti-Menschenrechtsgesetz der Schweiz definiert «terroristische Absichten» so schwammig, dass plötzlich auch gewaltloser Aktivismus darunter fallen könnte. Die Schweiz gibt damit autoritären Regimen, die Kritik an der Regierung als «Terrorismus» behandeln und Menschenrechtsaktivisten für Jahre wegsperren, indirekt grünes Licht für diese massiven Grundrechtsverletzungen. Ein Nein zu diesem Gesetz hilft oppositionellen Aktivisten in Unrechtsstaaten.
Mehr Infos dazu findest du auf: menschenrechte-schuetzen.ch