Die AfD entdeckt plötzlich ihre Liebe zur totalen Überwachung. Nach jahrelangem Anti-System-Gebrüll, Freiheitsrhetorik, Warnungen vor dem tiefen Staat – nun ein beherztes Ja bitte zur Analyse-Software aus dem Silicon-Valley-Militärkomplex. Sicherheit über Freiheit, diesmal nicht nur als Schlagwort, sondern gleich als Gesetzesgrundlage. Willkommen im Club.
Der Landtag von Baden-Württemberg hat beschlossen, Palantir einzuführen. Polizeigesetz angepasst, Türen auf, Daten rein. 136 Abgeordnete, ganze 22 Nein-Stimmen. Unterstützt von Teilen der FDP und – Trommelwirbel – der AfD. Ausgerechnet jene Partei, die sich gern als letzte Bastion gegen Überwachung, Globalismus und dunkle Eliten inszeniert. Spoiler: Die Eliten sassen diesmal mit am Tisch.
Palantir, für alle, die noch glauben, das sei ein harmloses Excel mit Polizeilogo, ist keine Software, sondern ein Machtinstrument. Es verknüpft Polizeidaten, Bewegungsprofile, Kommunikationsmuster, soziale Netzwerke und indirekte Kontaktketten. Ziel ist nicht Aufklärung, sondern Vorahnung. Nicht: Was ist passiert? Sondern: Was könnte jemand vielleicht tun? Und spätestens hier wird aus «Sicherheit» ein dystopischer Blindflug.
Natürlich ist Palantir völlig neutral. So neutral wie die NSA. Oder Facebook. Oder Pfizer. Der Konzern arbeitet eng mit CIA, NSA, FBI und dem US-Militär zusammen. Mitgründer Peter Thiel, früher PayPal, milliardenschwere CIA-Seed-Finanzierung, erklärter Fan autoritärer Tech-Strukturen. Palantir-Technologie läuft beim US-Grenzschutz, bei Drohnen- und Zielauswertung, in Geheimdiensten und militärischen Entscheidungsprozessen. Und jetzt eben auch im Ländle. Schwäbische Präzision trifft globale Überwachung.
Der eigentliche Witz kommt aber erst jetzt: Die AfD stimmt zu. Dieselbe AfD, die von vielen als «Anti-System»-Partei gefeiert wird, hebt die Hand für eines der mächtigsten Überwachungswerkzeuge der Welt. Die Brandmauer fällt – aber nicht gegen Grün, Rot oder Links. Sie fällt gegen die Illusion, Parteien würden uns retten.
Und ja, jetzt klatschen auch jene Beifall, die Trump gefeiert haben. Dummer Zufall: Trump hat Palantir massiv gefördert. Grenzüberwachung, Predictive Policing, Militäranalysen. Überraschung? Eigentlich keine. Macht funktioniert immer gleich. Sie erkennt sich selbst und greift zu, wenn man sie ihr anbietet.
Das hier ist kein AfD-Bashing. Das ist eine Realitätsprüfung. Keine Partei, kein Staat, kein Politiker – egal ob links, rechts oder patriotisch dekoriert – verzichtet freiwillig auf Macht. Wer Palantir einführt, stimmt nicht für Freiheit, sondern für Kontrolle. Punkt.
Die Lehre daraus ist unerquicklich, aber notwendig: Schluss mit Erlöserfantasien. Nicht Worte zählen, sondern Handlungen. Überwachung wird nie zurückgebaut, nur erweitert. Angst ist das eigentliche Kontrollinstrument. Und wer immer noch glaubt, «die Richtigen» würden es besser machen, sollte sich eine einfache Frage stellen:
Was unterscheidet Macht, wenn sie erst einmal greifbar ist?
Merkste selbst…


«Dravens Tales from the Crypt» bezaubert seit über 15 Jahren mit einer geschmacklosen Mischung aus Humor, seriösem Journalismus – aus aktuellem Anlass und unausgewogener Berichterstattung der Presse Politik – und Zombies, garniert mit jeder Menge Kunst, Entertainment und Punkrock. Draven hat aus seinem Hobby eine beliebte Marke gemacht, welche sich nicht einordnen lässt.








