Man hat dir beigebracht, stolz zu sein, wenn du «resilient» bist. Wenn du weitermachst. Wenn du funktionierst, obwohl das System schreit. Resilienz ist das neue Abzeichen auf der Brust des Erschöpften: Ein schönes Wort für Aushalten. Ein Etikett, das Härte heiligspricht und das Zittern kriminalisiert. Unternehmen verteilen Resilienz-Workshops wie Pflaster – damit die Wunde weiter Leistung bringt. Spirituelle Kreise schmücken die gleiche Härte mit Mantras. Und du? Du klopfst dir auf die Schulter, weil du «alles packst». Doch das, was du packst, packt dich zurück: Dein Kiefer, deine Schultern, dein Schlaf. Resilienz, so gefeiert, ist oft nur die eleganteste Form der Starre.
Stress kommt nicht von aussen. Aussen gibt es Ereignisse. Stress entsteht, wenn etwas im Aussen auf etwas in dir trifft – und Resonanz erzeugt. Eine alte Schwingung, ein altes Echo, ein unverarbeiteter Ladenhüter deiner Biografie. Nicht das Meeting ist Stress. Nicht der Blick. Nicht die Mail um 22:37 Uhr. Stress ist die innere Antwort, die längst vor dem Ereignis beschlossen war. Du nennst es «Druck». Dein Nervensystem nennt es: Gespeicherte Ladung, die endlich eine Bühne gefunden hat. Je mehr du «resilient» sein willst, desto dichter packst du dich ein – und desto weniger kann diese Ladung abfliessen. So wird Standhaftigkeit zur Verhärtung. Du wirkst unzerstörbar. In Wahrheit wirst du brüchig.
Starre fühlt sich eine Zeit lang nach Sicherheit an. Nach Kontrolle. Nach «Ich hab’s im Griff». Doch sie kostet dich das, was dich lebendig macht: Durchlässigkeit, Regeneration, spontane Freude, den Reflex zum Lachen, das weiche Bauchgefühl vor einer klaren Wahl. Das «Weiter so» der Resilienz verhindert, dass du hörst, was dein Körper seit Monaten sagt: Hier stimmt etwas nicht. Aber statt die Resonanz zu beenden, feierst du die Fähigkeit, sie auszuhalten. Du verwechselst Zähne zusammenbeissen mit Würde.
Resonanzen enden nicht, indem du sie moralisch verurteilst oder intellektuell erklärst. Sie enden, wenn Wahrheit den Platz der Pose einnimmt. Wenn das Alte als Alt erkannt wird, ohne Schönreden und ohne Selbstverrat. Wenn die Frequenz, die dich immer wieder in denselben Loop zieht, ihre Tarnung verliert: Nicht «Ich bin halt belastbar», sondern «Ich bin gerade taub». Nicht «Ich muss stark sein», sondern «Ich bin hart geworden». Nicht «So bin ich», sondern «So schütze ich mich». In dem Moment, in dem der Schutz beim richtigen Namen genannt wird, verliert er sein Kommando. Dann löst sich Starre in Präsenz. Und Präsenz ist das Gegenteil von Resilienz-Show.
Resilienz, wie sie verkauft wird, sagt: «Du schaffst das.» Bewusstsein sagt: «Es schafft dich.» Resilienz will dich anpassen. Bewusstsein will dich ausrichten. Resilienz fragt: «Wie halte ich länger?» Bewusstsein fragt: «Warum halte ich überhaupt?» Die eine Antwort produziert Helden mit kaputten Nacken. Die andere macht Menschen, die wieder fühlen können. Das ist weniger spektakulär – und unendlich wahrer.
Nur mal so nebenbei… Du brauchst nicht mehr Panzerung. Du brauchst weniger Resonanz auf das, was dich schon zu lange ruft. Aushalten ist kein Adelstitel. Es ist das Geräusch von dir, wie du dich verlierst. Ende die Resonanz – und du musst nichts mehr «wegstecken». Du bist wieder da!


«Dravens Tales from the Crypt» bezaubert seit über 15 Jahren mit einer geschmacklosen Mischung aus Humor, seriösem Journalismus – aus aktuellem Anlass und unausgewogener Berichterstattung der Presse Politik – und Zombies, garniert mit jeder Menge Kunst, Entertainment und Punkrock. Draven hat aus seinem Hobby eine beliebte Marke gemacht, welche sich nicht einordnen lässt.







