Am Freitag den 10. Mai spielten Metallica im Rahmen ihrer «WorldWired»-Tour im Zürcher Letzigrundstadion. Pro Abend werden der Band bis 6 Millionen Dollar in die Kasse gespült, kein Wunder waren die Ticketpreise selbst für Schweizer Verhältnisse ordentlich gesalzen. Und so kamen viele Konzerttouristen, um mit ihrem Smartphone Selfies zu knipsen und in allen sozialen Netzen zu posten. Damit sich diese Hipster entsprechend wohlfühlen konnten, würde eine riesige Armada an Polizei und Sicherheitsleuten aufgeboten, welche bei der Anreise, im Stadion sowie bei der Abreise die Massen lenkten. Metallica: Masters of Puppets?!

Freunde, versteht mich nicht falsch, das Konzert war gut – aber mehr dann auch nicht. Es war kein Erlebnis mehr, wie noch vor fünf Jahren im Basler St. Jakob. Richtige Kuttenträger waren am Freitag Mangelware – und dennoch haben die Amerikaner den Abend rabiat gestaltet, so dass es den einen oder anderen Kuschelrock-Fan in die Flucht geschlagen hat. Es rumpelte gewaltig im nicht ganz ausverkauften Letzigrundstadion. Doch leider war – zumindest im ersten Moment – das Stakkato aufgrund der ungünstigen akustischen Disposition der Stätte kaum rhythmisch nachzuvollziehen. Der rabaukige Hochgeschwindigkeits-Beat wird gleich zu Anfang mit «Hardwired» von seinem eigenen Echo erschlagen, das von der Südkurve zurück ins Rund katapultiert wurde. Die Trommeln von Lars Ulrich (55) löschten sich im Geschwindigkeitsrausch selber aus, die Stimme von James Hetfield (55) war kaum wahrzunehmen und der Bass von Robert Trujillo (54) spielte mit den Rippen der Zuschauer Xylophon. In all dem wummernden Brei ging leider auch Metallica-Gitarrist Kirk Hammett (57) völlig unter – zum Glück waren Tontechniker am Werk, die die einzelnen Komponten wieder zu entflechten vermochten.

Seit Februar 2016 läuft die WorldWired Tour, die pro Abend bis 6 Millionen Dollar in die Kasse spült. Weit über 100 Konzerte der total 165 sind bereits gespielt, man befindet sich ungefähr im letzten Drittel der im November endenden Konzertreihe. Wieviel somit die Tour der amerikanischen Heavy Metal-Giganten einbringt, kann sich nun jeder selbst ausrechnen. Da könnte man meinen, es hat sich ein ordentliches Mass an Routine, Entkräftung und Wohlstands-Schlendrian ins Bandgefüge eingeschlichen – und genau hier liegt der Hund begraben. James Hetfield und seine Mannen freuen sich zwar, die wiedergefundene Lust am Spröden zur Schau zu stellen, einen thrashigen Song wie «Master of Puppets» zu einem vertrackten Zwölfminüter zu dehnen oder mit dem monumental erschütternden «Creeping Death» den Himmel kurzerhand zum Weinen zu bringen. Doch nicht nur dem Himmel ist zum Weinen zumute, auch den Fans der ersten Stunden, wird heute nicht das gewohnte Musikspektakel geboten – sondern eine riesige, beinahe perfekt inszinerte Show, mit buten Lasern, Videos die über den gigantischem Bildschirm rauschen und einiges an Pyrotechnik, um den Konzerttouristen und der mittlerweile im Mainstream angekommenen «Metallica-Family» zu gefallen – da wird die Musik zur Nebensache.

Metallica - Disposable Heroes [Live] - 5.10.2019 - Letzigrund Stadium - Zurich, Switzerland
Metallica - Disposable Heroes [Live] - 5.10.2019 - Letzigrund Stadium - Zurich, Switzerland

Die Show lässt vortrefflich über die vielen, kleinen Pausen, die praktisch nach jedem Stück eingelegt werden und die Band entweder komplett von der Bühne ging oder Papa Het zu seiner Metallica-Family predigte, hinweg sehen. Schon früher liebte es Papa Het von seinen Fans als «Family» zu sprechen, dies aber immer mit einem dezent sarkastischen Unterton und einem fiesen Lächeln. An diesem Freitag stand Papa Het auf dem Ausläufer der riesigen Bühne und sprach zu seiner «Family» wie der Pfarrer von der Kanzel. «Es ist ein schöner Tag und wir sind hier um Musik zu spielen (…) Ich sehe euch Lächeln. Das ist schön und bringt auch mich zum Lächeln.» Er erkundigt sich nach dem körperlichen Wohlbefinden der vereinzelt pogotanzenden Zuhörerschaft und er spricht sein Auditorium nicht wie ehedem mit «Motherfuckers», sondern nur noch mit «Family» an. Da passt auch eine kleine Einlage im Stile von «Nightwish» um eine der zahlreichen Pausen zu überbrücken. Alles halb so wild, die Herren spielten doch immerhin satte 140 Minuten und neben langsameren Stücken auch richtige Knaller wie «Seek & Destroy», «Master Of Puppets» und «For Whom the Bell Tolls», die auch die Old-School Metaler überzeugen dürften.

Früher waren Metallica dafür bekannt, ihre schnellen, fetzigen und ruppigen Thrash-Knaller Live noch etwas schneller zu spielen als auf Platte. Mit Klassiker wie «Whiplash», «Jump in the Fire», «No Remorse», «Battery» oder «Fight Fire with Fire» liessen die Herren aus San Francisco früher die Bühne brennen und jeder Metal-Head vor derer liess beim Headbanging den Nacken knacken. Auch am Freitagabend gaben sich die Bay Area Thrasher Mühe, einen Geschwindigkeitsrausch beim Publikum zu erzeugen. Sie blättern auch in jenen Registern ihres Songkatalogs, die in den Jahren entstanden sind, als sie es noch nicht so mit der Nachdenklichkeit und der Harmonielehre hatten. Und so ist das Stadion-Zusammengehörigkeitsgefühl, das Metallica hier hervorruft, ein Vereinigtsein im Donnerwetter, ein Soundtrack in der Hymnik des Zersetzenden. Den jener Teil des Publikums, der Metallica einzig von den Auskopplungen dieser Zeit schätzt oder gar von einschlägigen Kuschelrock-Zusammenstellungen, guckt im Letzigrund verdutzt aus der Wäsche. Genau so die Old-School-Metal-Heads als sie merken, wie fetzige Klassiker statt schneller als auf den Studioaufnahmen, eher langsamer erklingen und Lars immer wieder aus dem Takt fällt. Das herausstechende Klicken von Ulrichs Bassdrums, das vom Stadiondach zurückhallte, war vorallem bei den eingebremsten schnelleren Stücken, teilweise völlig daneben und liessen so manchen von den wenigen Kuttenträger bei ihrem kopfgeschüttel stocken. Tja, Lars ist nicht Mikkey Dee (55), der noch vor wenigen Jahren Motörhead mit Bravour durch die Show prügelte und von Lemmy bei Konzerten stets als «The best drummer in the world» ankündigt wurde.

Auf das «Sad But True» folgt ein Stück «lokale Folklore» wie es Bassist Robert Trujillo ankündigt. Mit «The Usurper», begleitet nur von Kirk Hammett, gibt es eine sympathische Ehrerbietung an die Zürcher Thrash-Metal-Pioniere «Celtic Frost» – die den Grossteil des Publikums leicht ratlos zurücklässt. In den 38 Jahren schaffte Metallica immer scharfe Kontraste, so wurde zur Musik dieser Band geheiratet, gefoltert, gekuschelt, aufbegehrt oder beerdigt. Sie kann daher getrost als multifunktional bezeichnet werden, auch wenn im Letzigrund das Handlungsspektrum etwas kleiner ist. Hier wird abwechselnd kopfgenickt, die Faust in die Luft gereckt, in Ohnmacht gefallen, Pogo getanzt oder gestaunt – und einige Wenige ergreifen auch die Flucht. Dass zu einem Song wie «Seek and Destroy» dann tatsächlich mittleres Kader, Metal-Headbanger und Swisscom-Sekretärinnen nebeneinander ausflippen, ist gleichermassen grossartig wie erstaunlich. Die Band spielte im Februar 1984 ihr allererstes Konzert in Europa und dass im Zürcher Volkshaus, als Vorband der britischen Gruppe «Venom». Doch wichtiger als alte Geschichten, die höchstens ein ganz kleiner Teil des Letzigrund-Publikums selbst miterlebt hatte, waren den meisten wohl die Zugaben. Man lässt Metallica nicht von der Bühne, ohne «Nothing Else Matters» und «Enter Sandman» gehört zu haben – die zwei allergrössten Hits vom «Schwarzen Album», mit dem die Musiker zu Superstars wurden.

Metallica - The Usurper [Live] - 5.10.209 - Letzigrund Stadium - Zurich, Switzerland
Metallica - The Usurper [Live] - 5.10.209 - Letzigrund Stadium - Zurich, Switzerland

Besonders erstaunlich war aber an diesem Abend auch das Aufgebot an Sicherheitskräften, welche bei der Anreise, während der Veranstaltung und vorallem bei der Abreise die Massen lenkten. Wer mi dem Auto anreiste, durfte mit massiven Staus und vielen Stunden auf den Strassen, mit einem massiven Polizeiaufgebot rechnen. Doch auch Besucher die mit dem Öv anreisten, wurden bereits am Bahnhof von massig Gelbwesten – und da sind nicht die aus Frankreich bekannten Demonstranten gemeint – in Empfang genommen und wenn man mit Tram oder Bus gefahren ist, sah man an jeder Station bis zum Letzigrund mindestens vier Security stehen, welche sich um die Besucher kümmerten. Das ganz hatte den Touch einer Grossdemo, welche die Polizei unbedingt im Griff haben wollte. Rund um das Stadion waren die Strassen weitläufig abgesperrt und auch der Eingang in das Stadion war nur durch mehrere Schleusen möglich, bei welchen die Menschen vereinzelt und geprüft wurden, um anschliessend nach den üblichen Wurst- und Bierständen, direkt wieder von Gelbwesten ins Stadioninnere geschleust zu werden. Nachdem Konzert lief das ganze dann rückwarts um aus dem Fussballtempel zu gelangen, die noch immer gesperrten Strassen wurden aber nun auch nicht mehr direkt vom ÖV bedient, sondern man durfte unter den Augen von jede Menge Polizei und Security den Weg bis zum Albisriederplatz unter die Füsse nehmen, um kurz vor der Station von einem Spalier aus Cops und Security, die alle 2-3 Meter nebeneinander standen, in die Trams verfrachtet zu werden. Am Bahnhof angekommen kam man sich dann schliessendlich vor wie auf der Landpiste eines Flughafens, denn die Gelbwesten lotsen die Konzert-Besucher mit Signalleuchten in die entsprechende Richtung. Keine Frage, alles bestens organisiert, die Sicherheitsleute (grösstenteils) freundlich, aber ein dermassen grosses Aufgebot an Sicherheitskräften habe ich bei meinen über dreissigjährigen Konzertbesuchen noch nicht gesehen. Manchmal kam schon beinahe das Gefühl auf, an einer Grossdemo zu sein und nicht eine Konzert zu besuchen und das Ganze lässt die Frage aufkommen, wer all diesen Aufwand an «Sicherheit» den auch bezahlt? Das würde wenigstens die hohen Ticketpreise erklären… *räusper*

Setlist

  1. The Ecstasy of Gold (Ennio Morricone Song)
  2. Hardwired Intro
  3. Hardwired
  4. The Memory Remains (with extended outro)
  5. Disposable Heroes
  6. The Thing That Should Not Be
  7. The Unforgiven
  8. Now That We’re Dead
  9. Moth Into Flame
  10. Sad but True
  11. No Leaf Clover
  12. Kirk Hammett and Robert Trujilo’s solos of Celtic Frost’s «The Usurper», «ManUNkind» and «Orion»
  13. Frantic
  14. One
  15. Master of Puppets
  16. For Whom the Bell Tolls
  17. Creeping Death
  18. Seek & Destroy
  19. Zugabe:

  20. Lords of Summer
  21. Nothing Else Matters
  22. Enter Sandman (with «The Frayed Ends of Sanity» Outro)
Metallica - Creeping Death [Live] - 5.10.2019 - Letzigrund Stadium - Zurich, Switzerland
Metallica - Creeping Death [Live] - 5.10.2019 - Letzigrund Stadium - Zurich, Switzerland

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Metallica: Thank You, Zurich!
Metallica: Thank You, Zurich!

(Fotos: Facebook)


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