Ihr glaubt unserem Bundesrat, dass die e-ID freiwillig und sicher ist? Dass der Storch die Kinder bringt, wohl auch, oder? Ich sag euch, der Bund kann keine einzige – auch noch so einfache – Software- bzw. IT-Projekt fertigstellen. Beispiele gefällig? Here we go:
Insieme (Eidgenössische Steuerverwaltung)
Beschreibung: Ziel war die Zusammenführung und Erneuerung der veralteten Informatiksysteme für Stempel- und Mehrwertsteuer in ein einheitliches Gesamtsystem.
Zeitraum: 2006–2012
Kosten: Ca. 116–124 Millionen Franken (Quellen variieren).
Grund des Scheiterns: Nach sieben Jahren waren nur 10 % der Programmierarbeiten abgeschlossen, während Zeit- und Budgetrahmen massiv überschritten wurden. Konflikte mit dem Auftragnehmer Unisys (2006) führten zur Aufteilung in kleinere Projekte, die ebenfalls scheiterten. Das Projekt wurde 2012 von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf abgebrochen, da es als zu risikobehaftet galt.
Mistra (Bundesamt für Strassen, ASTRA)
Beschreibung: Informationssystem zur zentralen Verwaltung aller Strassendaten.
Zeitraum: Bis 2013
Kosten: Ursprünglich 43 Millionen Franken geplant, tatsächlich ca. 100 Millionen Franken.
Grund des Scheiterns: Massive Kostenüberschreitungen (mehr als doppelt so teuer wie geplant). Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) kritisierte die mangelhafte Planung und Kontrolle.
Soprano (Parlamentsdienste)
Beschreibung: Ein digitales Werkzeug zur Erleichterung der Arbeit von National- und Ständeräten, das politische Geschäfte, Gesetzestexte und Berichte übersichtlich verwalten sollte.
Zeitraum: 2018–2020
Kosten: Ca. 1,8 Millionen Franken.
Grund des Scheiterns: Wiederholte Verzögerungen durch den Lieferanten, technische Mängel und Zusatzkosten in unbekannter Höhe führten zum Abbruch im März 2020. Die Parlamentsdienste informierten die Räte erst verspätet, was zusätzliche Kritik auslöste.
Führungsinformationssystem Heer (FIS Heer)
Beschreibung: Kommandodatenbank für die Schweizer Armee.
Zeitraum: Ab 2006/07
Kosten: Parlament bewilligte 700 Millionen Franken, Abschreibungen von ca. 125 Millionen Franken.
Grund des Scheiterns: Eingeschränkte Funktionalität, insbesondere durch limitierte Datenübertragungskapazität der Funkgeräte. Das System funktioniert bis heute nur eingeschränkt.
Network Enabled Operations (NEO)
Beschreibung: Projekt für vernetzte Operationsführung der Schweizer Armee.
Zeitraum: Bis 2013
Kosten: Ursprünglich 9 Milliarden Franken geplant, drohte auf bis zu 15 Milliarden Franken anzusteigen.
Grund des Scheiterns: Die Eidgenössische Finanzkontrolle warnte 2013 vor «hohen Risiken» aufgrund massiver Kostenüberschreitungen und unklarer Planung.
Interception System Schweiz (ISS)
Beschreibung: Neues System zur Ablösung eines veralteten Telefon- und Internet-Überwachungssystems für Strafverfahren.
Zeitraum: Bis 2013
Kosten: 18 Millionen Franken Verlust durch Herstellerwechsel.
Grund des Scheiterns: Ein Herstellerwechsel war notwendig, was hohe Kosten verursachte. Die Strafverfolgungsbehörden mussten die Notbremse ziehen.
Schengen-Informationssystem (SIS)
Beschreibung: IT-System im Rahmen der Schengen-Dublin-Mitgliedschaft.
Zeitraum: Bis 2011 (und laufend)
Kosten: Ca. 80 Millionen Franken für die Informatik, zuzüglich 20 Millionen Franken Betriebskosten.
Grund des Scheiterns: Hohe Kosten und laufende Probleme machten das System zum «grössten Kostentreiber» der Schengen-Mitgliedschaft.
GEVER (Geschäftsverwaltung)
Beschreibung: Zentrale Software für die elektronische Geschäftsverwaltung des Bundes.
Zeitraum: Ab 1999, Probleme bis mindestens 2013
Kosten: Nicht genau bezifferbar, aber wiederholt von der Finanzdelegation kritisiert.
Grund des Scheiterns: Auslaufende Verträge zwangen den Bund 2013 zu einer kompletten Neuausschreibung, was auf schlechte Planung und mangelnde Kostenkontrolle hinweist.
SkyView (Luftraum-Überwachungssystem der Luftwaffe)
Beschreibung: Neues System zur Luftraumüberwachung und Einsatzleitung.
Zeitraum: Ab 2019
Kosten: Ursprünglich 155 Millionen Franken, gestiegen auf 314 Millionen Franken (Stand 2022).
Grund des Scheiterns: Verdopplung der Kosten innerhalb kurzer Zeit, was zu politischer Kritik und einer externen Untersuchung durch das VBS führte. Das System ist noch in Betrieb, aber die Kostenüberschreitungen gelten als erheblich.
www.ch.ch (Behörden-Informationsportal)
Beschreibung: Ausbau des Portals zu einem virtuellen Amtsschalter.
Zeitraum: Bis 2005
Kosten: 18 Millionen Franken.
Grund des Scheiterns: Nach vier Jahren Arbeit wurde das Projekt 2005 abgebrochen, da die Umsetzung nicht den Erwartungen entsprach.
Datenzugang für Umweltdaten (DaZu, BAFU)
Beschreibung: IT-Projekt zur Bereitstellung von Umweltdaten.
Zeitraum: Bis 2013
Kosten: Nicht genau beziffert, aber als gescheitert eingestuft.
Grund des Scheiterns: Das Projekt wurde Anfang 2013 vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) gestoppt, vermutlich aufgrund technischer oder organisatorischer Probleme.
Alexsi (Zentrale Ausgleichsstelle, ZAS)
Beschreibung: IT-Projekt zur Modernisierung der AHV-Verwaltung.
Zeitraum: 2011–2012
Kosten: Ca. 6 Millionen Franken.
Grund des Scheiterns: Unregelmässigkeiten bei der Auftragsvergabe, darunter 15 Aufträge, die ohne Ausschreibung vergeben wurden. Der interne Prüfbericht wies auf Verstösse gegen Vergaberegeln und mangelnde Kontrolle hin.
IGS (Informatikgesellschaft der IV-Stellen)
Beschreibung: IT-Projekt zur Modernisierung der Invalidenversicherung.
Zeitraum: Bis 2010
Kosten: Ca. 250 Millionen Franken.
Grund des Scheiterns: Massive Kostenüberschreitungen und organisatorische Probleme führten zum Abbruch. Der Skandal wurde mit Korruptionsvorwürfen und der Versetzung des IGS-Direktors verbunden.
Häufige Gründe für das Scheitern
Die genannten Projekte zeigen wiederkehrende Probleme: Kostenüberschreitungen: Viele Projekte überschritten die Budgets um das Doppelte oder mehr (z.B. Mistra, SkyView).
Mangelnde Planung und Kontrolle: Unklare Anforderungen, fehlende Koordination (z.B. VBS/BIT bei Website-Software) und schlechtes Projektmanagement.
Technische Probleme: Eingeschränkte Funktionalität (z.B. FIS Heer) oder technische Mängel (Soprano).
Korruption und Vergabefehler: Unregelmässigkeiten bei der Auftragsvergabe (z.B. SECO, ZAS, IGS) und mangelnde Transparenz.
Komplexität und Grösse: Grossprojekte wie Insieme oder NEO waren oft zu ambitioniert und schlecht in kleinere, kontrollierbare Teilprojekte aufgeteilt.
Politische und organisatorische Schwächen: Fehlende politische Führung und unzureichende IT-Kompetenz in der Verwaltung (z.B. Abraxas-Fall).


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