Es gibt Momente, in denen man sich fragt, ob man in der Schweiz lebt oder in einer gut geölten Satire-Show, die einfach nie abgesetzt wurde. Der BLS-Skandal gehört definitiv in letztere Kategorie. Während Normalsterbliche versuchen, mit ehrlicher Arbeit ihre Krankenkassenprämien zu bezahlen, hat die BLS über Jahre hinweg entschieden, dass das Steuergeld eigentlich viel besser in ihren eigenen Taschen aufgehoben ist. Wenn’s doch niemand merkt. Oder niemand merken will.
Seit 2020 wissen wir offiziell, was ab 2013 längst interne Folklore war: Die BLS pumpt Halbtax-Abo-Einnahmen so lange in die Offertensuppe, bis sie überläuft und danach als «Abgeltung» vom Staat wieder reingeschöpft wird. Rund 70 Millionen Franken – eine Zahl, die nicht mal der dümmste Buchhalter mit «Aus Versehen» erklären kann. Aber kein Problem: Wir haben ja PWC! Die durften 392 Gigabyte Daten durchwühlen, hunderte Leute interviewen, Berge von E-Mails analysieren – und fanden dabei eine Symphonie von gelöschten Postfächern, verschwundenen Protokollen und Erinnerungsverlusten, die an ein Alzheimer-Festival erinnern. Acht Ex-Kader ohne Archiv? Zwölf fehlende Sitzungsunterlagen? Man könnte meinen, ein Staubsauger sei auf Speed durch die Geschäftsleitung gefahren.
Natürlich wusste die Führung Bescheid. Spätestens ab 2017, wahrscheinlich viel früher. Ist aber total okay, weil der damalige CEO Bernard Guillelmon wurde ja… äh… entlassen? Nach «Druck»? Natürlich ganz ohne Schuldzugeständnis. Und wie reagiert man auf einen solchen Skandal? Logisch: Man schwärzt den PWC-Bericht. Dicke schwarze Balken über Namen, Zitaten, Verantwortlichkeiten – wie ein Mafia-Comic, nur weniger charmant.
Der Bund? Der Kanton? Die eine Seite spielt «Wir sind empört!», die andere spielt «Wir prüfen das sorgfältig!». Und gemeinsam spielen sie «Bitte wegschauen, Bürger, das ist alles hochkomplex».
Währenddessen strahlt die neue BLS-Führung im Reformglanz: Neue Kultur, Whistleblowing, Boni reduziert. Fünf Prozent maximal! Für tiefere Kader gar keine! Dumm nur: Die alten Boni der alten Chefs, die auf exakt diesen Subventionslügen basierten, dürfen sie behalten. Ein Schelm, wer dabei ans Sprichwort denkt: «Korruption lohnt sich nicht.» Doch, tut sie. In Bern ganz sicher.
Der Blick nennt es «70-Millionen-Bschiss«. Professor Kunz nennt es einen Fall glasklarer Rückforderung. Die BLS nennt es «Vergangenheit». Und der Steuerzahler nennt es «Warum bezahle ich eigentlich immer?»
Und jetzt kommt der Teil, bei dem man wirklich laut lachen müsste, wenn es nicht so traurig wäre: Der gefallene Ex-Chef Guillelmon – der Mann, dessen Name man im PWC-Bericht komplett geschwärzt hätte, wenn er nicht eh jeder kennen würde – tingelt heute als Dozent durch die Hochschulen. «Strategisches Management im ÖV». Das ist ungefähr so, als würde ein Bankräuber Kindern Finanzkompetenz beibringen.
Der Mann doziert in Luzern. In Bern. In Spiez. Teilweise sogar in BLS-Räumlichkeiten. Man nennt das wohl: «Corporate Humor».
Aber hey, keine Sorge: Die Schweiz ist stabil. Unsere staatsnahen Betriebe sind vorbildlich. Transparenz wird grossgeschrieben – vor allem, wenn man sie schwärzen kann. Verantwortliche werden zur Rechenschaft gezogen – am Rednerpult, wohlgemerkt.
Und wir?
Wir zahlen.
Und zahlen.
Und applaudieren manchmal sogar.
Dieses Land ist nicht korrupt.
Es ist einfach nur… effizient organisiert.


«Dravens Tales from the Crypt» bezaubert seit über 15 Jahren mit einer geschmacklosen Mischung aus Humor, seriösem Journalismus – aus aktuellem Anlass und unausgewogener Berichterstattung der Presse Politik – und Zombies, garniert mit jeder Menge Kunst, Entertainment und Punkrock. Draven hat aus seinem Hobby eine beliebte Marke gemacht, welche sich nicht einordnen lässt.







