Einleitung: Fünf bemerkenswerte Klima-Fundstücke
- Der Rasmussen Youth Focus Report 2025 in Schweden enthält diese bemerkenswerte Grafik. Es zeigt den Rückgang der Besorgnis über den Klimawandel unter jungen Schweden (Alter 15-29 Jahre). Entdeckt bei Roger Pielke Jr.

- Befremdlich fand ich es, in Angela Merkels Autobiografie die Seiten zu lesen über den Atomausstieg. Trotz der Tragweite der Entscheidung gab es nach der Tsunami-Katastrophe in Japan demnach kaum Debatten innerhalb der Regierung. Dazu kam dann noch jene groteske Empfehlung der skurrilen Ethikkommission mit all ihren Laien ohne einen Energie-Experten im Gremium. Merkel steht weiterhin zum Atomausstieg, um «anderen Ländern Mut zu machen». Na, dann. Hier die letzte Passage des Kapitels:
Hier die voranstehenden Seiten zum Thema in Merkels Buch: Seite 604 und 605 und Seite 606 und 607.
- Man sollte es wohl immer mal wieder zeigen. Es gibt kein wohlhabendes Land mit geringem Energieverbrauch, doch Deutschlands Energiewende wurzelt im Bedürfnis der Beschränkung von Energieverbrauch:

- Eduard Heindl, Professor für Energieforschung, hat Axel Bojanowski ausführlich in seinen «Energiegesprächen» interviewt; Themen waren auch mediale und kulturelle Abgründe; hier lässt sich das Gespräch ansehen.
- Gerd Dehnel vom RBB hat Axel Bojanowski für die Sendung «Vis à vis» interviewt zum Thema Menschheitserfolge, grosse Aufgaben und historischen Optimismus; hier lässt sich das Gespräch anhören.
Es war einmal, in einer Zeit, in der Fakten noch nicht nach Likes, Parteibuch oder Hashtag bewertet wurden, da galt Wissenschaft als Werkzeug der Aufklärung. Heute ist sie ein Spielball im globalen Meinungstheater. Von oben gedrückt, von unten gezerrt, von beiden Seiten missbraucht, taumelt sie durch den Shitstorm der Moderne – und keiner merkt’s, weil alle gerade «der Wissenschaft folgen».
Angriff von oben
Fangen wir mit der klassischen Variante an: Politischer Einfluss. In den USA löschte Donald Trump tausende Seiten wissenschaftlicher Dokumentation. Impfstoffdaten? Weg. Klimaforschung? Gekürzt. Forscher? Gefeuert. Wissenschaftliche Institute? Geschrumpft. Wer jetzt denkt, das erinnere an mittelalterliche Bücherverbrennungen, liegt falsch – damals hatte man immerhin noch Respekt vor Wissen, bevor man es vernichtete.
Die Wissenschaft darf sagen, was ist – nicht, was sein soll. Doch genau das will die Macht nicht hören. Wenn Fakten unpraktisch werden, werden sie einfach ersetzt. Und plötzlich sind Klimadaten eine Meinung, Evolution eine Ideologie und Impfstoffstudien ein Wahlkampfinstrument. Die Wahrheit wird administrativ verwaltet und wer widerspricht, wird einfach aus dem Register gelöscht.
Angriff von unten
Doch wer glaubt, der Feind komme nur von oben, der unterschätzt die moralische Euphorie von unten. Aktivismus, der sich als Wissenschaft tarnt, ist die neue Religion. «Follow the Science!» klingt nach Vernunft, ist aber längst zum Glaubensbekenntnis geworden. Wissenschaft folgt nämlich nichts – nicht einmal sich selbst. Sie zweifelt, testet, verwirft. Doch Zweifel ist heute Häresie.
Aktivisten verwechseln Unsicherheit mit Schwäche und Komplexität mit Verrat. Wer Fragen stellt, ist Feind. Wer differenziert, wird gecancelt. Die Wissenschaft soll bitte liefern – aber nur die richtigen Ergebnisse. Wenn Fakten unbequem sind, müssen sie halt moralisch nachgebessert werden. Hauptsache, die Frequenz stimmt mit dem Zeitgeist.
Die Religion des «Follow the Science»
Der Satz klingt so schön rational – und ist doch der perfekte Ersatzglaube für die postfaktische Gesellschaft. Denn Wissenschaft gibt keine Anweisungen, sie liefert Erkenntnis – ohne Moral, ohne Richtung, ohne Trost. Sie sagt uns, wie Dinge funktionieren, aber nicht, was wir daraus machen sollen.
Wer Wissenschaft zu einer politischen Priesterschaft erhebt, ersetzt Denken durch Dogma. Der ehrliche Vermittler erklärt Unsicherheiten. Der Epistokrat erklärt die eigene Meinung zur Wahrheit. Er versteckt Ideologie hinter Fachbegriffen – und nennt das dann «Evidenz».
Die neuen Priester: Medien & Moral
Natürlich hilft der Journalismus fleissig mit. Denn nichts verkauft sich besser als eine klare Wahrheit ohne störende Grautöne. So entstehen Schlagzeilen wie: «Atomkraft ist nicht CO₂-neutral» – technisch korrekt, aber so entkernt, dass es schon wieder falsch ist. Der IPCC sagt: Atomkraft emittiert über den Lebenszyklus ähnlich wenig wie Wind oder Solar. Doch das steht im Kleingedruckten und das liest keiner.
In einer Welt, in der Empörung Klickzahlen produziert, wird Wissenschaft zu Content. Komplexität ist schlecht fürs Geschäft. Moral ist einfacher.
Das Bildungsproblem
Und weil das alles nicht reicht, bereitet die Schule den Boden gleich mit vor. Dort lernen Kinder, was sie denken sollen – aber nicht, wie. Sie pauken Fakten wie Vokabeln und verwechseln Wissen mit Wahrheit. Überprüfen? Hinterfragen? Widersprechen? Fehlanzeige.
Man könnte meinen, die Schule sei ein Labor für das kritische Denken. Tatsächlich ist sie ein Rechenzentrum für Reproduktion. Wer zu viel fragt, stört den Lehrplan. Wer zu wenig fragt, bekommt ein Diplom. Willkommen im Zeitalter des dressierten Denkens.
Der Zeitgeist: Wissenschaft als Selbstbild
«Ich bin pro Science», sagen dieselben Menschen, die Statistiken nur lesen, wenn sie ins eigene Weltbild passen. Wissenschaft ist kein Lifestyle. Sie ist kein Team, keine Partei, keine Haltung. Sie ist die Zumutung, unpopulär zu bleiben. Karl Popper warnte davor: Wenn Wissenschaft politisch wird, endet sie als Ideologie.
Und Ideologie kennt keine Zweifel – nur Sieger. Die Wissenschaft verliert dabei, egal, wer gewinnt.
Die Gegenwehr
Ein paar Tapfere versuchen, die Fackel der Vernunft am Brennen zu halten – Organisationen wie die GWUP oder das Committee for Skeptical Inquiry. Ihre Mission: Den Lärm der Gewissheiten durch Skepsis zu stören. Keine leichte Aufgabe in einer Welt, in der Lautstärke über Logik siegt.
Steven Pinker brachte es auf den Punkt: «Ein Grossteil der Unterdrückung geschieht durch Kapitulation – weil man sich den lautesten Stimmen anschliesst.» Mit anderen Worten: Die Dummheit ist nicht stark, sie ist nur sehr gut organisiert.
Das bittere Fazit
Wissenschaft ist kein Orakel, kein Glaubenssystem und kein moralisches Kuscheltier. Sie ist ein Werkzeug. Ein scharfes, manchmal unbequemes Werkzeug, das uns zwingt, die eigenen Irrtümer zu sezieren. Ihr Zweck ist Erkenntnis, nicht Erlösung.
Doch heute wollen alle lieber glauben, statt verstehen. Politiker suchen Bestätigung, Aktivisten suchen Reinheit, Journalisten suchen Klicks. Nur die Wahrheit sucht niemand mehr – sie ist schlecht für die Reichweite.
Wenn Wissenschaft überleben soll, braucht sie Rückgrat, nicht Pathos. Sie braucht Menschen, die aushalten, «Ich weiss es nicht» zu sagen – in einer Welt, die lieber «Ich fühle, dass ich recht habe» schreit.
Fortschritt entsteht nicht durch Konsens, sondern durch Widerspruch. Und wenn wir diesen verlieren, bleibt am Ende nur noch Glaube – im Labor der neuen Religion, wo Zweifel als Häresie gilt und die Wahrheit längst in Quarantäne liegt.

(via Klimawandel-Hintergründe)


«Dravens Tales from the Crypt» bezaubert seit über 15 Jahren mit einer geschmacklosen Mischung aus Humor, seriösem Journalismus – aus aktuellem Anlass und unausgewogener Berichterstattung der Presse Politik – und Zombies, garniert mit jeder Menge Kunst, Entertainment und Punkrock. Draven hat aus seinem Hobby eine beliebte Marke gemacht, welche sich nicht einordnen lässt.







