John J. Mearsheimer, R. Wendell Harrison Distinguished Service Professor für Politikwissenschaft und Co-Direktor des Program on International Security Policy an der University of Chicago, untersucht die Ursachen der Ukraine-Krise, den besten Weg zu ihrer Beendigung und ihre Folgen für alle Hauptakteure. Eine zentrale Annahme ist, dass es für die Entwicklung eines optimalen Plans zur Beendigung der Krise unerlässlich ist zu wissen, was die Krise verursacht hat. Bei der alles entscheidenden Frage nach den Ursachen geht es vor allem darum, ob Russland oder der Westen die Hauptverantwortung trägt.
In diesem Vortrag befasst sich Prof. Mearsheimer sowohl auf die Ursprünge des Krieges in der Ukraine als auch auf einige seiner wichtigsten Folgen. Er argumentiert, dass die Krise weitgehend das Ergebnis der Bemühungen des Westens ist, die Ukraine in ein westliches Bollwerk an Russlands Grenze zu verwandeln. Die russische Führung betrachtete dieses Ergebnis als existenzielle Bedrohung, die es zu verhindern galt. Wladimir Putin ist zwar zweifellos für den Einmarsch in die Ukraine und für Russlands Verhalten im Krieg verantwortlich, aber Prof. Mearsheimer glaubt nicht, dass er ein Expansionist ist, der ein grösseres Russland schaffen will. Was die Folgen des Krieges angeht, so besteht die grösste Gefahr darin, dass der Krieg noch Monate, wenn nicht Jahre andauern wird und dass entweder die NATO direkt in die Kämpfe verwickelt wird oder Atomwaffen eingesetzt werden – oder beides. Ausserdem ist der Ukraine bereits enormer Schaden zugefügt worden. Ein längerer Krieg wird wahrscheinlich noch mehr Verwüstung in der Ukraine anrichten.