Es gibt Wahrheiten, die so simpel sind, dass man sich beim Aussprechen schon dumm vorkommt. Zum Beispiel: Obst ohne Kerne ist ungefähr so natürlich wie ein Politiker ohne Ausrede. Trotzdem tragen wir jeden Samstag brav unsere Samenlos-Sammelbestellung aus dem Supermarkt nach Hause, völlig überzeugt, wir hätten uns gesund ernährt. Wie rührend.
Kern- und samenloses Obst ist nämlich – Überraschung – meistens so natürlich wie ein Einhorn mit TÜV-Plakette. Es sieht aus wie Nahrung, schmeckt wie Nahrung, aber nährt den Körper ungefähr so gut wie ein Diät-Ratgeber von Coca-Cola. Leben kommt von Leben, heisst es. Blöd nur, dass die hippen, glatten, «pflegeleichten» Früchte unserer Zeit vor allem eines sind: Tot auf Ansage.
Denn ohne Samen, ohne Kern, ohne dieses kleine biologische Kraftwerk, das aus einem Apfelbaum einen Apfelbaum macht, bleibt nichts übrig ausser hübscher Faser und Zucker. Keine «energetische Ladung», keine mineralische Power, kein Lebensfunke. Eine Frucht ohne Kern ist im Grunde Obst-Dekoration: Freundlich im Geschmack, komplett inkompetent im Nähren.
Und dann wundern sich Millionen Menschen morgens über Dauermüdigkeit. Über Entzündungen. Über ihre unzerstörbare Lust auf Zucker. Dabei stopfen sie sich täglich eine kunterbunte Parade von «gesunden Lebensmitteln» rein, die biologisch denselben Spirit besitzen wie ein eingeschlafener W-LAN-Router.
Wer lebendige Nahrung will, braucht lebendige Lebensmittel. Mit Samen, mit Kern, mit echtem Leben drin. Das Ding, das die moderne Landwirtschaft am liebsten eliminiert, weil’s die Verarbeitung stört und die Kundschaft angeblich verwirrt. Willkommen in der Zeit der perfekten toten Früchte.
Die Hitliste der Zombie-Lebensmittel
Bereit für eine kleine Führung durch unser Obst-Museum?
- Banane – die gelbe Ikone der Fruchtindustrie. Ein botanischer Zombie, der sich ohne menschliche Sterbehilfe nicht einmal fortpflanzen könnte
- Wassermelone – früher voller Kerne, heute ein Instagram-fähiger Zuckerschwamm
- Traube – kernlos und damit perfekt zum achtlosen Wegsnacken, aber völlig entkaltet vom Konzept «Leben»
- Clementine – praktisch, sauber, steril. Eine Art Desinfektionshandtuch unter den Früchten
- Brotfrucht – inzwischen more plant than planet
- Papaya – oft so weit weg von ihrem Ursprung, dass selbst ihre Ahnen sie nicht mehr erkennen würden
Natürlich, bevor jetzt jemand Schnappatmung bekommt: Nicht jedes kernlose Obst ist gentechnisch verändert. Manches kommt tatsächlich in der Natur vor. Aber das ändert nichts daran, dass die industrielle Lebensmittelverarbeitung längst eine eigene religiöse Mission verfolgt: Nahrung so steril wie möglich zu gestalten. Tot, damit sie länger haltbar ist. Tot, damit sie logistisch besser passt. Tot, damit wir gar nicht erst merken, wie tot wir uns damit fühlen.
Kleines Fazit für den nächsten Einkauf
Wenn du also im Supermarkt stehst und dich eine makellose, kernlose Frucht anlächelt: Lächle zurück, aber denk an ihre Lebensgeschichte. Kurz, tragisch, ohne Funken. Vielleicht greifst du daneben nach etwas, das noch weiss, wie «Leben» buchstabiert wird.
Denn am Ende ist es wie immer:
Wir sind, was wir essen. Und viele essen derzeit vor allem: Hübsch verpackte Leblosigkeit…


«Dravens Tales from the Crypt» bezaubert seit über 15 Jahren mit einer geschmacklosen Mischung aus Humor, seriösem Journalismus – aus aktuellem Anlass und unausgewogener Berichterstattung der Presse Politik – und Zombies, garniert mit jeder Menge Kunst, Entertainment und Punkrock. Draven hat aus seinem Hobby eine beliebte Marke gemacht, welche sich nicht einordnen lässt.








