Seelenlos wie der Name der Band ist auch das Konzept dahinter: 92 japanische Mädchen in kurzen Röcken und knappen Oberteilen, die Popsongs trällern. Individualität war gestern – zumindest in Japan. Keine ist der Star, denn die Band ist der Star. Jeden Abend teilen sich die Mädchen in vier Teams auf, um an ebensovielen Orten auftreten zu können. Wie man ahnen kann ist die Zielgruppe der Retortenband Männer mittleren Alters. 2011 landete AKB48 gleich fünfmal an der Spitze der japanischen Charts und nahm 215 Millionen Dollar ein.
Die Idee, eine riesige Band zu casten, die sämtliche Termine parallel abarbeiten kann, stammt von Yasushi Akimoto. Der 55-Jährige ist nicht bloss Erfinder und Produzent der Girlband, sondern schreibt auch die oft zweideutigen Songtexte. Einer der Gründe für den gigantischen Erfolg seines Projekts sieht Akimoto in der Ungeschliffenheit seiner Mädchentruppe. «AKB48 ist unfertig. Andere Produzenten trainieren ihre Band zur Perfektion, bevor sie sie auf die Bühne lassen. AKB48 sind aber Rohdiamanten, und die Fans können ihren Fortschitt beobachten. Das ist der Unterschied», sagte er in einem Interview mit dem «Wall Street Journal». Fans können ihrem liebsten Mädchen Feedback geben, sagen ob ihr die Haare besser kurz oder lang stehen oder ob sich ihre Tanzleistung verbessert haben. Somit sind die Fans Teil des Produktions-Teams, so Akimoto.
Mittlerweile lancierte der clevere Geschäftsmann zwei Ablegerbands: SKE48 und NMB48 landeten ebenfalls an der Spitze der Charts. Auch diese Bands, die in Nagoya bzw. Osaka ansässig sind, zählen jeweils mehr als 50 Mitglieder. AKB48-Themencafes und -Läden gibt es bereits in Singapur, Hongkong und Shanghai. Retortenbands mit zig Mitgliedern sind auch in Taiwan, Thailand, Vietnam und China geplant. Für Akimoto ist auch ein Transfer des Konzepts in die USA möglich. «Viele Leute in Amerika sagen, dass AKB48 dort niemals funktionieren würde. Sie denken, dass nur Dinge Erfolg haben, die sie schon kennen», so der Musik-Manager. «Aber Amerika ist ja auch das Land das meinte, Elvis Presleys Hüftschwung sei mies.» Tja, da hat wohl der Herr Bohlen einen lukrativen Trend verpasst…