Freunde, heute Abend von 23:05 bis 00:30 Uhr strahlt 3sat die Dokumentation «Heavy Metal i Bagdad» aus, welche wir vor paar Jahren hadde allerede presentert i krypten und ich jedem Metalhead zur Ansicht nur empfehlen kann. «Heavy Metal in Baghdad» ist ein kanadisch-amerikanischer Dokumentarfilm aus dem Jahr 2007, welcher den Werdegang von Acrassicauda, der zu diesem Zeitpunkt einzigen Metalband des Iraks, zwischen 2003 und 2007 zeigt. Er besteht aus insgesamt vier Episoden, von denen drei in Bagdad aufgenommen wurden. Der letzte Abschnitt aus dem Dezember 2006 handelt in Damaskus, wo die Bandmitglieder als Flüchtlinge lebten. Neben Auftritten der Band werden Gespräche mit Bandmitgliedern und Ansichten von Bagdad und den Flüchtlingslagern in Damaskus gezeigt.
Der Film begleitet die irakische Heavy Metal-Band vom Sturz Saddam Husseins bis zu ihrer Flucht aus dem Irak. Von 2003 bis 2006 haben Eddy Moretti und Suroosh Alvi die vier Musiker aufgesucht und aus Videotagebüchern, Interviews und Mitschnitten der raren Live-Auftritte einen Musikfilm gemacht, der einen ungewöhnlichen Blick in den Alltag des Irak wirft. Vier junge Männer wollen Musik machen, doch Heavy Metal scheint in einem muslimischen Land so gut wie unmöglich zu sein. Glimmt nach Saddams Sturz Hoffnung auf Freiheit auf – wird diese jedoch brutal zunichte gemacht, als das Land in blutigen Aufständen versinkt. Eine Bombe zerstört Proberaum und Instrumente, die wenigen Fans sterben oder fliehen, und die Band bekommt Morddrohungen von Religiösen. Feiern werden verboten; Headbanging ohnehin, weil die monotone Kopfbewegung dem Beten der orthodoxen Juden ähnelt. Mit erstaunlich viel Humor beschreiben die Musiker ihr Leben in einem Kriegsgebiet, in dem Schiessereien, Bombenattentate und Entführungen auf der Tagesordnung stehen. Schliesslich flüchtet die Band aus Angst um ihr Leben nach Damaskus, Syrien. Der Film «Heavy Metal in Baghdad» spiegelt das ohnmächtige und verzweifelte Lebensgefühl einer jungen desillusionierten Generation im Irak wider, deren Leben durch den Krieg verändert wurde.
Der Film lässt den Zuseher nicht gerade in Hochstimmung zurück. Wenn westliche Metal-Bands Wörter wie «Killing» und «War» ins Publikum brüllen, handelt es sich oft genug um leere Worthülsen. Für die vier Bandmitglieder von Acrassicauda ist das die traurige Realität. Der Film liefert eine erschütternde Bestandsaufnahme vom Leben in einem Kriegsgebiet, wo sich die Menschen, egal welcher Konfession, nichts mehr als Normalität und Frieden wünschen. Die irakische Realität, die «Heavy Metal in Baghdad» vermittelt, scheint noch weit schlimmer als es die Gräuelbilder der täglichen Selbstmordanschläge auf den Nachrichten Kanälen vermuten lassen: Angst und Paranoia haben ein beinahe surreales Level erreicht. Jeder Schritt ins Freie kann tödlich enden. Sänger und Bassist der Band sind eigentlich beste Freunde, deren Wohnungen kaum fünf Gehminuten voneinander entfernt liegen. Doch weil sich kein Mensch mehr auf die Strasse traut, sehen sie sich nicht öfter als alle paar Monate. Schliesslich flüchtet die Band nach Damaskus. Dort muss man zumindest nicht um sein Leben zittern. Doch das Leben ist hart als Flüchtling ohne Arbeitsbewilligung. Zumal die syrische Regierung irakische Flüchtlinge wieder zurück schickt. Damit endet die Doku: Mit Wut, Traurigkeit und Verzweiflung. Doch das Leben geht weiter. Denn die Musiker haben etwas, das sie zusammen schweisst, das ihnen Mut und Hoffnung gibt: Metal. Das ist mehr als eine Musikrichtung. Metal ist – so pathetisch das auch klingen mag – eine Lebenseinstellung. Eine im besten Sinne konservative Lebenseinstellung, die Werte wie Freundschaft und Zusammenhalt gross schreibt. Und damit den Musikern das Überleben ermöglichte. Im wörtlichen Sinn.