Als “Die Ärzte” rockte Farin Urlaub zusammen mit seinen Kollegen Bela B. und Rodrigo González letztmals im Sommer 2013 eine Schweizer Bühne. Während den letzten Monaten kümmerte sich der Gitarrist, Sänger, Songschreiber, Publikumsdompteur und Weltenbummler aber wieder intensiv um sein Nebenprojekt Équipe de course Farin Urlaub. Das Ergebnis war seine vierte Soloplatte, welche auf den Namen “Faszination Weltraum” hört und die aktuelle Tour “Es besteht keine Gefahr für die Öffentlichkeit”, welche Farin zusammen mit seinem Racing Team am 20. Mai in den ausverkauften Zürcher Komplex 457 führte. Die Band bot mit über 2 1/2 Stunden eine mit 31 (!) Songs prall gefüllte Show, welche das Publikum bis in die letzten Reihen zu begeistern vermochte.
Sänger Farin Urlaub dürfte eigentlich jedem als Frontmann der Spass-Punk-Rock-Pop-Band “Die Ärzte” bekannt sein. Die Ärzte sind cool, waren immer cool und werden vermutlich auch im hohen Alter noch cool bleiben. Denn die Ärzte verkörpern das kompromisslose Lustprinzip: Bedingungslos das tun, was man tun will! Früher war es eine zentrale Entscheidung: Entweder man stand im Lager der humorlosen, proletarischen, dumpfen, simplen, Altbier und gradlinigen Toten Hosen oder eben bei den humorvollen, twisted, komplexen, verspielten und spassigen Ärzten. Genau die Attribute, welche für die Ärzte genannt wurden, gelten selbstverständlich auch für Farin und da sich die Ärzte immer rarer machen, ist Jan Ulrich Max Vetter – so der bürgerliche Name des Oberblondi – immer häufiger in Gesellschaft des Farin Urlaub Racing Teams, kurz FURT, anzutreffen. Seit 2008 ist die als reine Konzertband gestartete, derzeit elf Musiker umfassende Combo auch an den eigentlichen Albumaufnahmen von Farins Soloausflügen beteiligt. Die aktuelle Tour zum Nummer 1-Album “Faszination Weltraum” führte das Racing Team nun also auch in die Schweiz.
Keine Vorband, kein Geplänkel, es ist Zeit für Rock’n’Roll! Ein schwarzer Vorhang versperrt die Sicht auf die Bühne, gegen 20:15 Uhr hörte man dann wie die Gitarre eingestöpselt wurde und eine Minute später begann dann das Konzert. Mit einem Knall fiel der schwarze Vorhang hinunter und dahinter stand Farin auch schon und legte direkt mit einem Kracher Song von seinem aktuellen Album “Faszination Weltraum” los. Das Zürcher Publikum war von Anfang an sehr textsicher und brachte die Halle leider nur zeitweise richtig zum kochen. Im Vergleich zu dem, was man von Farin Urlaub oder den Ärzte-Konzerten normalerweise gewohnt war/ist, war es doch ein eher ruhigeres Konzert, was eindeutig am Publikum lag, dass erstaunlich durchmischt war. Viel junges Volk war zu sehen, so dass man hätte denken können, dass es am Konzert ab geht wie Schmitz Katze, doch irgendwie scheint das Ritalin seine Wirkung hinterlassen zu haben – dies passt aber zum Tourtitel “Es besteht keine Gefahr für die Öffentlichkeit”, da darf es ruhig mal bodenständig zugehen. Herrscht bei einem Ärzte-Konzert eher clowneske Anarchie, lässt sich der Auftritt von FURT im Komplex 457 ganz gut mit dem Bild eines Big-Band-Orchesters voller Dynamit beschreiben: Eine druckvolle Bläser-Riege zur Linken, tolle Background-Sängerinnen zur Rechten und in der Mitte Farin Urlaub samt Amazonen-Hofstaat, bestehend aus Gitarristin Nesrin “Nessie” Sirinoglu, Bassistin Cindia Krüger und Drummerin Rachel Rep.
Der blonde Riese, sein weibliches Racing Team sowie die männlichen Bläser lieferten alle zusammen ein erstklassiges Konzert ab. Die weit über 30 Jahre Bühnenerfahrung merkte man dem mittlerweile 51 jährigen Protagonisten schliesslich an: Knapp über 2 1/2 Stunden Spielzeit sind mit Musik und Publikumsdialogen komplett durchgeplant, selbst die witzigen Sprüche oder spontane Antworten auf Zuschauerreaktionen sitzen sicher und sind gestählt durch jahrzehntelange Übung. Es ist das Zusammenspiel aus augenzwinkernder Absurdität und Alltagsgeschichten, mit der Farin Urlaub das Publikum in seinen Bann zieht. Aus allen vier Alben wurden an diesem Abend Songs gespielt und die Setlist ist hier und da noch mit B-Seiten seiner Singles gespickt. Wenn man bedenkt, dass andere Bands mit mehr Alben weitaus kürzer spielen, dann kann man nur den Hut vor Herrn Urlaub ziehen. Hier bekommt der Fan noch etwas für sein Geld. Und das nicht nur wegen der Länge der Show, sondern auch wegen der Stimmung sowie Farins Gags, Sprüchen und Albereien. Am stärksten war der Abend an jenen Momenten, an denen Farin die Hits der ersten beiden Soloalben “Endlich Urlaub” und “Am Ende der Sonne” herauskramte. Textsicher gaben sich die Zuschauer des ausverkauften Saals auch bei den Hits “Glücklich”, “OK” und “Porzellan” über das sinnlose Streben nach Mehr, wo doch das Glück meist direkt vor der eigenen Nase liegt. “Ihr habt sicher bemerkt, dass ich älter geworden bin. Diese Ratschläge in Sachen Lebenshilfe muss ich einfach loswerden”, sagte der Mittfünfziger.
L'équipe de course de 11 personnes a secoué, roulé, chuchoté et tonné pendant que Farin Urlaub faisait ce pour quoi il est le deuxième meilleur: jouer de la guitare et chanter. Le public doit cela à ce concert à guichets fermés dans lequel ils chantent presque mot pour mot, suscitant ainsi à Farin Urlaub non seulement une fois un large sourire de satisfaction. Comme d'habitude, il n'y avait pas de spectacle spécial, les plus grandes contributions au spectacle étaient probablement des solos de cuivres plus longs et pourtant il y avait beaucoup de musique rock, de joie, de colère, de chagrin d'amour, des suggestions pour embellir les centres-villes et des lois quasi-physiques auparavant sous-estimées. FURT a mis le public en extase à plusieurs reprises ce soir-là. Le Farin Urlaub Racing Team a fait vibrer le complexe, même si les chansons un peu plus lentes de l'album actuel ont encore du retard à rattraper en termes d'euphorie, comme prévu, l'ambiance s'est encore accrue lorsque les cors entraient et que les rythmes Ska ou les riffs de guitare rapides étaient déballés. Puis il n'y eut guère d'arrêt dans la partie avant de la pièce.
Nach über zwei Stunden war das Publikum geschafft, Farin auch. Somit verabschiedete er sich – nicht mit Abschiedslied, das hatte er schon gespielt – indem er noch einmal “Zehn” spielte. Wer Farin Urlaub kennt, weiss, was das für die müden Zuschauer bedeutete: Noch mal Power bis zur absoluten Erschöpfung. Farin kennt da kein Erbarmen. Er zählte bis zehn, dann wollte er uns springen sehn. Und wir sprangen. Souverän beendet der Berliner samt seinem Rennteam des Rocks nach zwei Zugabeblöcken von je drei Songs das Konzert, welches für jede Menge verschwitzte Körper sorgte. Den Fans im Komplex wurde ein kurzweiliges, knackiges Rockkonzert mit reichlich Interaktion und guter Laune auf allen Seiten geboten. Aber nicht nur beim Hauptakteur scheinen die Punkattitüden bedingt durch das zunehmend Alter allmählich zu schwinden. Auch das Publikum ist zahmer geworden. Ein Konzert, das bestimmt allen in sehr guter Erinnerung bleiben wird. Die Band war in bester Laune, die klassische Rockinstrumentierung ist bei den Damen – Nessie, Rachel und Cindia – in besten Händen und die Herren “Bläser” sorgen für die Ska-Komponente. Eine schweisstreibende Show, die – sage und schreibe – dreissig Songs umfasste und einem kaum Zeit zum Atemholen liess. Direkt vor der Tür parkte der Tourbus, der die Band anschliessend nach Saarbrücken brachte. Ich selbst freute mich während der Heimfahrt auf eine angenehme Nacht im eigenen Bett. So an einem Konzert rumstehen, Gas geben und sich an der Musik erfreuen, kann nach einem Tag Arbeit und mit Arbeit für den kommenden Tag in Aussicht, in meinem Alter anstrengend sein…
Setlist:
- Ce dont le monde a besoin maintenant
- glücklich
- Danse aujourd'hui
- Classe
- Sur la plage
- Cœur? Perdu
- porcelaine
- Moment
- 1000 ans de mauvais sexe
- 3000
- iDisco
- Flou
- Été
- La chanson pop assez bien
- Newton avait raison
- Le plus triste
- Jamais
- OK
- Toujours là
- dynamite
- Le cadavre
- Zehn
- Tous les mêmes
- se faufiler
- cependant
- Sous l'eau
- Ne t'inquiète pas
- Cartes
- Où est le problème?
- Chanson d'adieu
- Dix²
Encore:
Encore 2:
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